Michaël Sanson ist der Gründer von Ecocentric, einem der ersten französischen Webshops, spezialisiert auf Naturkosmetik. Aber vor allem, ist er ein Pionier für „ecoluxury“ in Frankreich.

„Ich habe Ecocentric vor zwölf Jahren ins Leben gerufen, um eine etwas andere Vision von natürlicher Schönheit zu vermitteln und sie bei möglichst vielen Menschen bekannt zu machen.“, erzählt Michaël. 

Seit 2009, präsentiert er in seinem Webshop, sorgfältig ausgesuchte Kosmetik-, Hautpflege-, Parfüm- und Make-up-Marken. Meistens Nischenmarken, die Bio und Chic gekonnt vereinen. Die Produkte werden einerseits aufgrund ihrer natürlichen Inhaltsstoffe gewählt – jegliche unerwünschte Moleküle sind tabu – und andererseits auf Grund ihrer Ästhetik. „Man soll Lust auf die Produkte bekommen. Denn Kosmetik ist eine Frage der Effizienz und der Ergebnisse, aber auch eine Frage der Sinnlichkeit, der Düfte, des Vergnügens und der Texturen.“, so der Gründer.

PARVIE hat mit dem Bioliebhaber über sein Leben und seine Ambitionen geplaudert. Er hat uns verraten, wie Shanghai sein Leben veränderte und was eine Marke haben muss, damit sie seine Aufmerksamkeit auf sich zieht. Zu guter Letzt gibt uns der Franzose einen Einblick in die Green-Beauty-Trends 2021. 

Foto: Michaël, in seiner Boutique in Lyon. (c) Ecocentric

Michaël, wie kam dir die Idee Ecocentric zu gründen?

Berufung wär wohl etwas weit hergeholt aber sagen wir, es war der Lauf der Geschichte … Immer wieder hört man von Kosmetikmarken, die von Menschen entwickelt wurden, die nach einer neuen Lösung suchten, weil sie eine schwere Krankheit hatten oder mit einem Problem konfrontiert waren, das ihr Leben veränderte. Bei mir war es auch ein bisschen so … Ich war sehr jung, als ich für ein Praktikum nach China ging. Dort bekam ich eine Augeninfektion und die Behandlung, die ich erhielt, war lichtempfindlich. Leider hab ich diese Information, auf Grund der sprachlichen Barriere, nicht verstanden und hatte schon nach kurzer Zeit schwere Verbrennungen im Gesicht. Ab diesem Zeitpunkt war ich gezwungen Feuchtigkeitscremes zu verwenden. Mit 21 Jahren, eigentlich ein Alter in dem junge Männer es sich normalerweise nicht schwer machen, war ich gezwungen, mich jeden Morgen und jeden Abend einzucremen. Ich hatte keine Wahl. Ich hatte eine beschädigte, geschwächte und empfindliche Haut.

Und dadurch kamst du auf Biokosmetik?

Ja. Chinesische Freunde brachten mich daraufhin zu einem traditionellen Arzt, der mir eine Mischung aus Sesam machte – eine bräunliche Paste, die extrem stark nach Sesam roch und Meilen weit von einem sinnlichen Vergnügen entfernt war, aber es war ein Produkt, das meine Haut sehr effektiv reparierte.

Ich erkannte die Wirksamkeit einfacher, natürlicher Dinge. Meine Ingenieurausbildung erledigte dann den Rest: Ich stellte die Flasche auf den Kopf und las die INCI-Liste. Ich versuchte die Inhaltsstoffe zu verstehen und sehr schnell wurde mir klar, dass es viele Produkte auf dem Markt gibt und noch mehr zu der damaligen Zeit, die weder gesund für Mensch noch für die Umwelt sind. Inhaltsstoffe, die in der Kosmetik nichts zu tun haben oder Marken, die Produkte sehr teuer verkaufen, die ihren Preis eigentlich überhaupt nicht wert sind … Also habe ich mich damals an Bio gewandt.

Ich beendete mein Praktikum und setzte mein Studium fort, begann in China, in Shanghai zu arbeiten und als ich nach Frankreich zurückkehrte – in die Bretagne – war es unmöglich, die Produkte zu finden, die ich in Shanghai gekauft hatte. In diesem Moment sagte ich mir, dass ich wohl nicht der einzige bin, der diese Produkte hier nicht finden kann, und ich begann, sie im Internet zu verkaufen. Ecocentric war somit geboren.

Als ich dich 2010 kennenlernte, war Bio und Naturkosmetik in Frankreich ein absoluter Nischenmarkt. Mit Ecocentric warst du einer der Ersten in Frankreich, der sich auf diesen Sektor spezialisiert hat. Wie hat sich dieser Markt seither entwickelt?

Seit der Inbetriebnahme der Seite im Jahr 2009 ist die Nische ziemlich gewachsen (lacht) und das ist gut so. Heute findet man Bio überall … Die erste positive Veränderung ist, dass die Konsumenten viel aufmerksamer geworden sind. Außerdem, Bio oder nicht Bio, sind die Formulierungen „cleaner“ und weniger giftig geworden. Heute müssen auch Marken die nicht Bio sind ihre Formulierungen säubern. Die Leute geben viel mehr Acht darauf, was sie an ihre Haut lassen. 

Ich persönlich bin wirklich sehr froh, dass jetzt auch traditionelle Parfümerien Bio-Marken führen. Auch wenn viele sagen, dass das eine Konkurrenz für uns ist, was ich auch nicht bestreite, aber das waren sie auch schon zuvor. Und mir ist tausendmal lieber, dass wir Konkurrenten sind, um gute Produkte zu verkaufen, die gut für unsere Gesundheit und unsere Umwelt sind, als Produkte die es nicht sind.

Bio und chic! Eine große Herausforderung?

Es war eine große Herausforderung vor 12 Jahren … Einerseits gab es kaum Auswahl und noch dazu wenig Nachfrage … Wenn ich so zurückdenke war es seinerzeit wirklich ein bisschen ein verrücktes Vorhaben … (lacht)

Wie entdeckst du eine neue Marke? Was muss sie haben, um dich zu faszinieren?

Heute gilt es Marken zu finden, die sich von der Masse abheben, die einen Unterschied machen, sei es mit ihrem Zugang, der Geschichte oder dem Pflegekonzept. Die Idee ist nicht, die gleichen Produkte nur mit anderm Etikett anzubieten. Wenn wir ein neues Produkt auswählen, ist es weil es uns begeistert hat, weil wir die GründerInnen kennengelernt haben und natürlich weil die Marke all unseren Ansprüchen der Natürlichkeit gerecht wird. Wir testen jedes einzelne Produkt ganz genau bevor wir es in die Regale stellen. 

Wir sind auf der Suche nach Marken, die engagiert sind, die einen Schritt weiter in ihren Formulierungen oder ihrem Packaging gehen. Auch wir wollen einen Schritt weiter gehen und Marken mit dem besonderen Etwas finden. 

Was sind die Trends für 2021?

Die Trends für 2021 sind auf jeden Fall von der Aktualität bestimmt. In erster Linie geht es darum es sich zu Hause gut gehen zu lassen, Stichwort: „Home-Cocooing“.

Dann kommen noch die ganzen neuen Probleme dazu mit denen wir jetzt konfrontiert sind, wie zum Beispiel alles in Zusammenhang mit „Maskne“, sprich Unreinheiten und Akne, die durch das Tragen der Masken entstehen. Und nicht zu vergessen – da ein Teil unseres Gesichts unter der Maske versteckt ist, und sich die Frauen nicht mehr ihre Lippen schminken, verlagert sich der Fokus auf den Blick. Also alles für die Augen, wie Mascara etc. ist sehr gefragt. 

Außerdem gibt es einen neuen Trend aus Asien, den ich sehr spannend finde, der sich SKIP CARE nennt. Skip kommt aus dem Englischen und heiß soviel wie Etappen zu überspringen. Die Etappen der Beauty-Routine werden hier auf ein Minimum reduziert und schließlich hat man nicht mehr zehn sondern drei oder vier Kosmetikprodukte in seinem Badezimmer. Der Trend geht immer mehr hin zu multifunktionalen Kosmetikprodukten.  

Verrätst du uns deine neuesten Entdeckungen?

In der letzten Zeit hatte ich zwei absolute Lieblinge. Der eine ist die Marke LOVINAH, eine amerikanische Marke, die von der Afroamerikanerin Joy Ekhaotr gegründet wurde – eine außergewöhnliche Frau. Die Formulierungen der Produkte sind wirklich beeindruckend, sie sind extrem konzentriert, reichhaltig und sinnlich. Sie interpretiert afrikanische Schönheitsrituale und deren Inhaltsstoffe neu. Der  GODDESS GLOW ist eine Creme die mich wirklich umgehaut hat – sowohl in seiner Wirksamkeit als auch in der Textur. Dieser Balsam ist wirklich unglaublich.

Ein anderer Favorit, den ich regelmäßig verwende ist der CAFFEINE-SPRAY von Less is More. Eine Anti-Aging-Pflege für die Haare, die darüber hinaus das Haar boostet und die Kopfhaut vitalisiert. Was ich hier sehr schätze, ist dass das Produkt unisex ist. Man sieht wirklich schnell einen Effekt, sogar bei kurzem Haar – noch dazu hilft der Spray gegen das Grauwerden … Vielleicht ein bisschen zu spät bei mir … Aber er kann es verlangsamen (lacht.)

Deine Ambitionen?

Ich hab vorher die Geschichte erzählt, wie es dazu kam dass ich Ecocentric gegründet habe … Seither ist mein Beruf zu einer Leidenschaft geworden, man lernt stets dazu, entdeckt ständig Neues und trifft auf wunderbare Menschen … Mein Ziel ist es, diese Begeisterung auch weiterhin mit meinem tollen Team zu teilen. 

2020, trotz eines komplizierten Jahres, haben wir unsere erste Boutique in Paris eröffnet. Dazu kam es weil Estelle, eine meiner Mitarbeiterinnen aus Lyon, zu ihrem Freund nach Paris zog. Ich wollte eigentlich, dass sie unserer Firma erhalten bleibt und auch sie wollte uns nicht verlassen. Also haben wir kurzer Hand  beschlossen, eine Boutique in Paris zu eröffnen. Eigentlich ist Ecocentric ein humanes Abenteuer. 

Wir sind eine kleine Struktur – mein Vorhaben ist nicht riesig zu werden, ich möchte, dass wir eine menschliche Größe bewahren und mit passionierten Personen unser Abenteuer fortführen: Neue Marken entdecken, auf spannende Personen treffen und weiterhin all diese Entdeckungen mit jenen zu teilen, die Lust haben auf ein Beauty/Schönheits-Erlebnis – ich mag nicht sagen anders – aber außergewöhnlich.

Alle Informationen auf www.ecocentric.fr

Ecocentric hat neben seinem Webshop eine Boutique in Lyon und seit kurzem auch im Marais in Paris. 

Fotos (c) Michael Sanson, Ecocentric